Die Boxerkeratitis / Erosive Keratitis, Diagnose, Behandlung
Die erosive Keratitis ist eine Erkrankung der Hornhaut, bei der sich das oberflächliche Hornhautepithel stellenweise ablöst, auf der darunter liegenden Schicht daher verschieblich wird und durch die Reibung des Lidschlages einreißen kann. Jeder weitere Lidschlag löst das schon lose Hornhautepithel weiter ab, so dass ein Defekt mit umgeschlagenen Hornhautepithelien entsteht[1].
Die Hunde haben plötzlich Augenschmerzen: Tränen, Lichtscheue oder Kneifen des betroffene Auge zu. Das abgehobene Hornhautepithel wir durch Eintropfen von Fluoreszein, einem diagnostischen Farbstoff, sichtbar gemacht. Das Fluoreszein breitet sich unter dem losen Hornhautepithel aus und man kann den ganzen Defekt, der weit unter die Ulkusränder gehen kann, als grünlichen Fleck im Auge erkennen. Die Heilung des Hornhautepitheldefektes erfolgt durch Einwanderung und Vermehrung von Zellen vom Randbereich des Defektes, neue Zellschichten und eine neue Basalmembran mit Hemidesmosomen bilden sich aus. Dieser Heilungsprozess braucht ideale Voraussetzungen[2].
Die Behandlung der erosiven Keratitis fordert vom Tierbesitzer viel Geduld. Der Hund muss sich alle 2 Stunden mit verschiedenen Augentropfen und Salben behandeln lassen. Für jeden Patienten wird ein angepasster Therapieplan erstellt.
1.) Das lose Hornhautepithel muss, je nach Grad der Erkrankung, meist unter Narkose, bis in das gesunde Gewebe hin abgetragen werden.
2.) Die Hornhautoberfläche wird rasterförmig eingeritzt, um die Heilung zu mobilisieren. Die losen Epithelien werden unter Lokalanästhesie abtragen.
3.) Die Hornhautwunde wird danach durch eine Nickhautschürze (das dritte Augenlid wird über den Defekt gezogen und mit Nähten fixiert) vor dem störenden Lidschlag geschützt, die ca. 3 Wochen liegen bleibt.
Die Naht erfolgt auf dem äußeren Augenlid, damit sie den Patienten nicht stört. Es kann Wochen und Monate dauern, bis die erosive Keratitis endgültig verheilt ist (refractory erosive keratitis). Auf Grund der angeborenen ungenügend ausgebildeten Basalmembran etc, besteht ein 50% Risiko von Rezidiven bzw. der Erkrankung des anderen Auges[3]. Deshalb empfehlen wir auch die gesunden Augen vor schädlichen Umwelteinflüssen, wie Wind u. Wetter, Staub, Rauch, ätzenden Dämpfen u.s.w. mittels einer entsprechenden Augensalbe vom Tierarzt zu schützen. Wenn das Tier nach Einbringen eines Augenmedikamentes Abwehrreaktionen zeigt, das Auge zukneift oder reibt, deutet das auf eine Unverträglichkeit hin. Teilen Sie uns dies bitte sofort mit, damit wir gegebenenfalls das Präparat austauschen können.
[1] Die Ursache der Erkrankung wird in einer ungenügenden Ausbildung von sog. Hemidesmosomen in der Basalmembran (basal membrane dystrophy) vermutet. Diese Hemidesmosomen sind kleine Zellauswüchse, die in der Grenzschicht zwischen Hornhautepithel und Hornhautstroma liegen und die für das Anheften der einzelnen Schichten verantwortlich sind. Im 2. Lebensabschnitt der betroffenen Hunde sind diese Hemidesmosomen so weit degeneriert, dass sie ihre Kittfunktion nicht mehr ausüben können. An diesen Stellen der Hornhaut löst sich das Epithel und es entsteht ein Hornhautulkus mit dem typisch losen Epithelrand.
[2] Er wird gestört durch viele Möglichkeiten wie trockene Hornhaut ( KCS), reizende Haare aus dem Lidrand (Distechien), fehlgewachsene Haare (ektopische Zilien), krankhafte Veränderungen der Hornhaut (Glaukom, Exophthalmus), Innervierungsstörung der Hornhaut u.v.a.m. Diese Störfelder müssen ausgeschlossen werden.
[3] Nach dem Ziehen der Nickhautschürze ist es durchaus möglich, dass sich das Hornhautepithel stellenweise nicht fest angeheftet hat. An diesen Stellen haben sich die kittenden Hemidesmosomen ungenügend nachgebildet (basal membrane dystrophy). Es kann vorkommen, dass mehrfach nachoperiert werden muss.