Die Hyperplasie der Nickhautdrüse „Cherry eye“
Der Vorfall der Nickhautdrüse (Hyperplasie der Nickhautdrüse, „Cherry eye“) tritt bei jungen Hunden [vier Wochen bis zu zwei Jahren] auf. Nasenseitig im Augenwinkel tritt ein rosa bis kirschrotes Gewebe prominent hervor. Die Veränderung kann je nach Entzündungsgrad zu starkem Juckreiz und Augenausfluss führen, wird plötzlich beobachtet und bleibt meist lebenslang bestehen. Anfangs kann sich die Veränderung spontan zurückbilden um dann wieder rezidivieren. Auch unter medikamenteller Behandlung kommt es fast immer nach der Rückbildung zu einem bleibenden Rezidiv.
Besonders häufig sind englische Bulldogge, amerikanischer Cocker, Boston-Terrier, Lhasa Apso und Beagel und betroffen. Bei diesen Rassen tritt auch häufig die Keratokonjunktivitis sicca (dry eye) auf. In unserer Praxis beobachten wir ein gehäuftes Auftreten bei Westhighland Terrier (ebf. Neigung zu Keratokonjunktivitis sicca), Doggen und besonders häufig im Zusammenhang mit der Konjunktivitis follikularis. Es ist jedoch strittig, ob Entzündungsprozesse zur Entstehung führen oder ob die Entzündung sekundär bedingt ist.
Im wesentlichen werden zwei Operationsmethoden diskutiert und von uns angewendet.
Als Methoden der Wahl werden …
1. Taschennaht „imbrication oder pocketing technique”. Morgan RV et. al. (1993) Prolapse of the gland of the third eyelid in dogs; a rtrosüective study of 89 cases (1980 to 1990). JAAHA 29, 56-60.
2. Fixation der Nickhautdrüse am Orbitarand
a.) Kaswan RL, Martin CL (1985) Surgical correction of the third eyelid plolapse in dogs. JAVMA 186, 83.
b.) Stanley RG and Kaswan RL (1994) Modification of the orbtal rim anchorage method for surgical replacemant of the gland of the third eyelid in dogs. JAVMA 205, 1412-1414.
… angesehen, da die Drüse zurückverlagert wird, die Beweglichkeit limitiert wird und die Funktion der Drüse (Im Verbund mit anderen Drüsen hat die Nickhautdrüse wesentlichen Anteil an der Tränenproduktion) erhalten wird. In der Regel behebt diese Operation den Vorfall.
… mit Recht wird deshalb die …
3. Exzision der Drüse
… wird kontrovers diskutiert. Die Exzision der Drüse ist im Allgemeinen nicht die Methode der Wahl. Besonders müssen Überlegungen um den Erhalt der Drüse bei den Rassen der „üblichen Verdächtigen“ in Betracht gezogen werden, (s.o.) da diese auch eine Neigung zu Keratokonjunktivitis sicca aufweisen und mit dem Verlust der Nickhautdrüse das Risiko eines sich entwickelnden „dry eye“ (trockenes Auge) erhöht.
Andererseits stehen bei manchen Vorfällen der Nickhaut die Entzündung der Drüse z.B. in Begleitung einer Bindehautentzündung im Vordergrund. Diese Drüsen können derart umfangsvermehrt sein, dass die Nickhautdrüse mit den ersten beiden Techniken zwar aus dem vorgefallenen Zustand zurückverlagert werden kann und unter dem Lid zu liegen kommt, aber dann aufgrund ihrer Größe das untere Augenlid anhebt. Bleibt die Nickhautdrüse chronisch entzündet und bildet ihren Umfang nicht zurück, dann kann auch eine solche Schwellung mit allen Nachteilen verbleiben. Im Einzelfall ist die Exzision der Drüse dann doch zu überdenken.
Die Eversion (Umschlag) des Augenknorpels des dritten Augenlides
Die Eversion (Umschlag) des Augenknorpels des dritten Augenlides sollte nicht mit der Hyperplasie der Nickhautdrüse verwechselt werden. Sie ist ein angeborener Defekt die zu überschießendem Wachstum und in der Folge zum Umschlagen des Knorpels führt. Mit dem Wachstum des deformierten Knorpels rollt sich das dritte Augenlid nach innen und schlägt um. Das Aussehen kann der vorgefallenen Nickhautdrüse “Cherry eye” sehr ähnlich sehen. Der Umschlag des Augenknorpels wird durch chirurgische Maßnahmen am sogenannten Blinzknorpel behoben [Gelatt KN and Blogg JP (1994) Handbook of Small Animal Ophthalmic Surgery. Vol. 1: Extraocular Procedures. Pergamon Press Oxford].