Beim Bulbusprolaps oder Vorfall des Augapfels ist der Augapfel aus seiner Höhle vorgefallen, auch als traumatische Proptosis bezeichnet.
Behandlung: Reposition (Rückverlagerung), Bindehautschürze unter Verwendung des dritten Augenlides und temporäre Tarsorrhaphie (Verschluß des Augenlides).
Bei einem Vorfall des Augapfels handelt es sich um einen Notfall, der sofort versorgt werden muss. Eine Miosis (Engstellung der Pupille) beim Bulbusprolaps ist meist Zeichen der Reizung des N. Trigeminus. Prognostisch ist dies günstiger zu bewerten als die bei Verletzungen des Nervus Opticus auftretende Mydriasis (Weitstellung der Pupille). Manchmal, insbesondere bei den traumatisch verursachten Vorfällen, treten Blutungen in den Augapfel auf. Auch der erhaltene Augeninnendruck ist prognostisch günstiger bei Proptosis / Prolaps bulbi.
Der Vorfall des Augapfels ist häufig bei Rassen, deren Augapfel nur durch die Augenlider gehalten wird. Eine tiefe knöcherne Augenhöhle ist bei ihnen nicht ausgebildet, was sogar zu spontanen Vorfällen oder durch lapidar Traumata (z.B. hochheben an der Nackenfalte) führen kann. Sicher ist Ihnen bekannt, dass bei brachyzephalen Rassen, wie Pekinesen oder Shih Tzu allein ein Zurückziehen der Nackenhaut zum Vorfall führen kann. Ansonsten ist die häufigste Ursache für Proptosis bulbi (den Vorfall) ein Trauma oder Verkehrsunfall. Die folgenden Bilder zeigen traumatische Vorfälle der brachizephalen Rassen (z.B. nach Balgen mit den Wurfgeschwistern).
Der positive Fluoresceintest belegte mit 2 Ulcerationen eine oberflächliche Verletzung der Hornhaut. Aus diesem Grund wurde nach der Reposition des Augapfels das 3te Augenlid als schützende Schürze über den Hornhautdefekt vernäht.
Bild: Unter Narkose angelegte Bindehautschürze. In diesem Bild nicht ersichtlich: Die Haltefäden der Bindehautschürze werden ausserhalb der Augenhöhle, auf dem oberen Augenlid verknotet. So kann der Knoten nicht in der Augenhöhle stören und außerdem der Faden später einfacher gezogen werden.
Besonders bei den brachizephalen Rassen ist meist eine laterale Kanthotomie (Hilfsschnitt im seitlichen Augenwinkel) nötig. Einerseits, um die Verbringung des gestauten Augapfels in die Augenhöhle zu ermöglichen. Andererseits um den Augenspalt zu verkleinern, was dem Auge mehr Halt gibt, damit ein neuerlicher Vorfall vermieden werden kann.
Im günstigsten Fall werden wir für 2-3 Wochen die Nähte belassen.
Halskragen, Schmerz- und entzündungshemmende Medikamente sowie systemische Antibiotika sind essentiell und werden verabreicht. Augensalben (Regepithel und Fucithalmic) etc. werden von der Besitzern eingegeben.
Prognose:
Am wichtigsten ist eine schnellst möglich einsetzende Notfallbehandlung um einen best möglichen Therapie-Erfolg zu erziehlen.
Bild: frühzeitig vorgestellter Bulbus prolaps. Die Hornhaut ist noch nicht ausgetrocknet, das Ödem der Lederhaut mäßig ausgeprägt.
Bild: Relativ spät vorgestellter Bulbus prolaps vor der Versorgung. Die Hornhaut ist von der Austrockung und Ödem fast erblindet (weißlich eingetrübt), die Haare kleben darauf, die Lederhaut um de Hornhaut herum ist stark angeschwollen.
Bild: Relativ spät vorgestellter Bulbus prolaps nach der Rückverlagerung des Augapfels in die Augenhöhle. Der Lidspalt ist noch nicht verkleinert worden, eine Bindehautschürze und Lidschluss fehlen noch.
Bild: Zu spät vorgestellter Bulbusprolaps. Der Augapfel ist zerstört. Nach Zerreißen der Hornhaut ist die Linse nach außen vorgefallen (die weißliche Struktur). Hier empfiehlt sich die Entfernung des Augapfels, da er kaum noch gerettet werden kann.
Wesentlich für den Erfolg ist einerseits die Rückbildung des retrobulbären Hämatomes (Bluterguss hinter dem Auge, er tritt immer bei diesen Vorfällen auf und verringert den ohnehin schon knappen Platz in den Augenhöhle). Bei Komplikationen müssen die Fäden früher gezogen werden um den Heilungsverlauf zu beurteilen.
Die Prognose ist besser bei milden Vorfällen, bei Miosis, bei fehlenden Hyphema, minimalen Muskelschäden der extraokularen Muskeln, bei normalem Fundus Befund und erhaltener Sicht des Auges. Sollte sich innerhalb einer Woche direkte und konsensuelle Pupillarreflexe nicht zurückbilden, so ist von einer dauerhaften Schädigung auszugehen. Erblindung tritt statistisch bei 60-70% der Hunde auf. Postproptotisch tritt als häufigste Folge nach Avulsion des medialen Rektus Muskels bei 36% der Hunde Strabismus auf. Sollte nur eine partielle Avulsion vorliegen kann sich die Abweichung innerhalb 6 bis 9 Monaten korrigieren. Abgesehen von Erblindung und Strabismus können sich als Folge-Schäden Lagophtalmus, Keratitis, korneale Ulzeration, Hyphema, Phtisis Bulbi und Glaukoma entwickeln.