Die offizielle Keilwirbel-Röntgenuntersuchung dient zunächst der Dokumentation angeborener Wirbelmissbildungen mit dem Ziel züchterischer Einflussnahme. Die radiologische Untersuchung und die Auswertung und Gradeinteilung der Wirbelsäule ist u.a. Voraussetzung für die Teilnahme an der Zuchtauglichketsprüfung. Die Hunde müssen für diese Röntgenuntersuchung nicht sediert oder narkotisiert werden. Aber es ist für die Qualität der Aufnahmen besonders wichtig, dass sich die Wirbelsäule möglichst parallel zur Tischebene befindet. Das Mindestalter für die Untersuchung beträgt 11 Monate. Antragsformulare und weitere Informationen erhalten Sie unter www.ikfb.de/zucht-aktuell.html#Einteilung.
Angeborene Wirbelmissbildungen, wie auch „Knickruten“ (Korkenzieherrute) treten besonders bei brachicephalen Rassen (Mops, Englische Bulldogge, Französische Bulldogge, Pekingese, Boston Terrier) auf. Beurteilt werden das Auftreten von Wirbelkörpermissbildungen (Keil-, Block-, Übergangswirbel), das Abweichen von der normalen Wirbelanzahl, Veränderungen im Bereich der Dornfortsätze und das Vorkommen von Spondylosen (Bei einer Spondylose wird der instabile Zwischen-Wirbelbereich durch knöcherne Strukturen überwachsen und bei vollständiger Ausbildung stabilisiert). Keilwirbel sind die am häufigsten vorkommenden Wirbelkörpermissbildungen [WHEELER 1995, Meyer 2012]. Keilwirbel treten häufiger in der Brust- als in der Lendenwirbelsäule auf, und zwar vor allem im Bereich Th 6 und Th 8. Es besteht keine Geschlechtsdisposition.
Die meisten Hunde, bei denen im Rahmen dieser Untersuchung Keilwirbel fest gestellt werden, sind frei von Beschwerden. Damit ist dieser Befund meist ein Zufallsbefund. Der angeborene Keilwirbel führt also nicht zwingend zu Symptomen. Ganz besonders beim Auftreten von relevanten Symptomen müssen andere Ursachen ausgeschlossen werden, um nicht vorschnell den angeborenen Keilwirbel als verursachend falsch zu interpretieren.
Trotzdem sind Wirbelfehlbildungen prädestinierend (wegbereitend) für Instabilitäten der Wirbel in diesem und folgenden Segmenten. Sie können gelegentlich Kompressionen des Rückenmarks, Bandscheibenvorfälle oder gar Verlagerungen der Wirbelkörper verursachen. Die Symptome sind entsprechend abgestuft von Lahmheits-ähnlichen Zuständen wie klammen Gang, stärkere Schmerzen bis hin zu Reflexausfällen oder Lähmungen. Je nach dem Ort der Rückenmarkskompression können in schlimmen Fällen Funktionsstörungen der Atmung, des Kreislaufs, des Stuhl oder Harnabsatzes auftreten. Aus diesem Grund möchte man durch geeignete Zuchtauswahl die Häufigkeit von angeborenen Wirbelmißbildungen minimieren.
Es handelt sich um ein Problemfeld:
„Aufgrund der schon teilweise nachgewiesenen Vererbung von Keilwirbeln bei anderen Hunderassen [Kramer et al. 1982; Root Kustritz 2006; Platt 2008] und der möglichen klinischen Symptomatik sollten dieser Art der Missbildung in Zukunft bei der Zuchtauswahl vermehrte Aufmerksamkeit gewidmet werden.“ [Meyer 2012]
Es wird in Betracht gezogen, Tiere nach Klassifizierungssystemen mit den ausgeprägtesten Fehlbildungen von der Zucht auszuschließen. Die Untersuchung von Müller (Französiche Bulldogge) lässt aufgrund der Häufigkeit solcher Befunde jedoch befürchten, dass dadurch der Genpool dieser Rasse stark einschränkt würde.
Kramer J W, Schiffer S P, Sande R D, Ratanen N W, Whitener E K (1982) Characterization of heritable thoracic hemivertebra of the German Shorthaired Pointer. Journal of the american veterinary association 181 (8). S. 814-815.
Meyer, S., Röntgenologische Wirbelsäulenuntersuchungen bei gesunden Französischen Bulldoggen , 2012, www.diss.fu-berlin.de/diss/receive/FUDISS_thesis_000000037169
Root Kustritz M V (2006) The dog breeder’s guide to successfull breeding and health management. Saunders Elsevier.
Platt S R (2008) Discorders of the spinal cord. Handbook of small animal practice. Saunders Elsevier S 257-258.
Wheeler, S J (1995) Journal of small animal neurology 2. Auflage BSAVA.